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Blauwal

Baleanoptera musculus

Herkunft: Atlantik, Pazifik

Die Geschichte der Beinahe-Ausrottung des größten Tieres, das je diese Erde bewohnt hat, ist ein erschütternder Beweis für die Unvernunft des Menschen. Blauwale lebten vor wenigen Jahren noch zahlreich in den Weiten des Atlantik und Pazifik. Ihr Hauptverbreitungsgebiet aber waren die antarktischen Gewässer: Über 97% aller jemals getöteten Tiere wurden dort geschossen.

Man schätzt den Gesamtbestand an Blauwalen noch in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts auf etwa 210 000 Tiere. Doch betrachten wir zuerst die Gestalt und die Lebensgewohnheiten des Blauwals, ehe wir uns den Ursachen und Folgen seiner Vernichtung zuwenden.

Körperbau
Der Körper des Blauwals gleicht in seiner langgestreckten Stromlinienform mit der sehr kleinen Rückenflosse (15-45 cm) der Gestalt anderer Furchenwale. Die Farben sind grau bis blaugrün, mit einem helleren Fleckenmuster auf der Bauchseite, die von 80-110 Kehlfurchen überzogen ist. In den planktonreichen polaren Gewässern überziehen bald Diatomeen (Kieselalgen) die Bauchhaut mit einem gelben Film, weshalb der Blauwal bei den Walfängern auch »Sulphur Bottom«, also »Schwefelbauch« hieß.

Größe, Gewicht
Stattliche Exemplare des Blauwals konnten Längen von mehr als 30 m erreichen. Tiere von dieser Größe mögen wohl über 150 000 kg schwer geworden sein. Die Blutmenge eines Blauwals mag in etwa 10 000 l umfassen, das Herz wiegt rund 500 kg. Die Schwanzflosse oder Fluke kann Spannweiten von 4,50 m erreichen, und die Schlagader hat einen Durchmesser wie ein Kanalrohr. Ein Tier von 24,7 m Länge hatte dabei nur ein 5216 g schweres Gehirn.

Genaue Werte sind für Blauwale selten ermittelt worden, da man sich lange nur für den Ölertrag eines Wales interessierte, und ehe man die Notwendigkeit genauer Kenntnisse eingesehen hatte, lebten die ältesten und größten Blauwale nicht mehr.

Lebensweise
Über 95% aller Blauwale, die je die Meere bewohnten, waren bereits tot, bevor man 1952 sicher wußte, daß die Weibchen frühestens mit 5 Jahren, die Männchen mit 4-5 Jahren geschlechtsreif werden. Zu diesem Zeitpunkt haben die Weibchen im Durchschnitt eine Länge von 23,8 m, die Männchen dagegen von 22,6 m.

Fortpflanzung
Blauwale leben in Einehe, das Weibchen bringt wohl ausnahmslos nur 1 Junges zur Welt, da bei schwangeren Tieren meist nur 1 Fetus gefunden wurde. Auch über die Jungtiere stammt das meiste Wissen von wissenschaftlichen Untersuchungen an Bord der Fabrikschiffe, da kein Mensch jemals die Geburt eines Blauwals miterlebt hat. Die Paarungszeit liegt wohl im Juni und August, die Tragzeit währt 10-12 Monate. Man vermutet, daß die Jungen in warmen Meeresgebieten zur Welt kommen, da noch kein Walspeck (Blubber) sie vor der Kälte polarer Gewässer schützt. Bei seiner Geburt wiegt das 7-8,2 m lange Blauwalkind bereits 3 t. Nach sieben Monaten etwa wird es entwöhnt, wiegt dann 23 t und ist über 16 m lang. Dieses schnelle Wachstum erfordert eine riesige Menge Muttermilch. Wieviel Milch eine Walmutter täglich produziert, ist nicht bekannt, Schätzungen reichen von 100-600 l. Es müssen aber wohl die höheren Werte zutreffen, da neben dem Wachstum auch der Energiebedarf bei den weiten Wanderungen zu den polaren Futterplätzen gedeckt werden muß. Die Milch ist mit 50% Fett und 10-14% Eiweiß zehnmal konzentrierter als Kuhmilch.

Einer der Gründe für den hohen Fettgehalt der Walmilch ist das »Wasserproblem« der Wale. Denn als reine Meeresbewohner können Wale kein Süßwasser trinken; sie decken daher ihren Wasserbedarf aus dem Fettstoffwechsel.

Ernährung, Wanderungen
In den gemäßigten Breiten finden Blauwale nicht genug Nahrung, so daß sie nach dem Kalben sofort wieder in die antarktischen Regionen ziehen, wo sie sich von Dezember bis März am Krill gütlich tun. Bei ihrer Ankunft sind sie sehr abgemagert, gegen Ende des antarktischen Sommers aber haben sie sich wieder eine dicke Speckschicht zugelegt. Ihre »Freude« beim Essen muß sehr groß sein, häufig schwammen Blauwale völlig »weltvergessen« durch ein Krillfeld, ohne sich um die Fangboote zu kümmern, deren leichte Beute sie wurden. Im Magen eines 26 m langen Tieres fanden sich 2 t Krill, das sind schätzungsweise 5 Millionen dieser 3-6 cm großen Krebse.

Während der sommerlichen Futterperiode mischten sich die Blauwale nicht untereinander, sondern bildeten feste Bestände in 6 unabhängigen Sektoren der zirkumpolaren Gewässer. Vielleicht hat ein geringer Austausch stattgefunden, nie aber wurde ein leergeschossenes Gebiet von der benachbarten Population aufgefüllt. Von 1924-1964 wurden über 900 Blauwale markiert, man fand jedoch nur 80 Marken wieder, keine davon außerhalb der Antarktis. So sind die Wanderwege und Aufenthaltsorte außerhalb der südlichsten Breiten nicht bekannt. Man weiß jedoch, daß die männlichen Blauwale ihre schwangeren Weibchen auf der Wanderung in die warmen Gebiete begleiten. Wahrscheinlich wandern sie auf offener See direkt nordwärts in die Weiten der Meere zwischen dem Packeis und den Tropen, in ein Gebiet, das etwa ein Drittel der gesamten Erdoberfläche ausmacht. Wie weit sie gegen den Äquator vordringen, bleibt unbekannt, sicher ist nur, daß sehr wenige Blauwale den Winter über in der Antarktis bleiben.

Dies ist, in groben Zügen berichtet, alles, was man über die Lebensgewohnheiten weiß.

Walfang
So wenig man über das Leben der Blauwale weiß, über ihr Sterben liegen ziemlich genaue Zahlen vor.

Nordatlantik: Im Jahre 1883 begann Island mit der Jagd auf die schnellen Furchenwale (1 Fangboot erbeutete 8 Wale). 1893 waren es 15 Fänger, die 500 große Wale töteten, während die Saison von 1902 einen Ertrag von 1305 Tieren brachte. Danach wurden jedoch die großen Wale so selten, daß sich die Jagd bald nicht mehr lohnte. 1915 konnten 4 Fänger nur noch 54 Wale finden, 1916 wurde die Jagd völlig eingestellt, obwohl dieses Jahr den höchsten Preis für Walöl erbrachte, der überhaupt jemals erzielt wurde (32 £ pro Tonne). Island ist nur ein Beispiel; den anderen Küstenländern des Nordatlantik erging es ähnlich. Die Buchführung der damaligen Zeit sagt nicht genau, wie viele der erbeuteten großen Wale Blauwale waren, aber man kann als sicher annehmen, daß Blauwale bevorzugt gejagt wurden, da sie doppelt so viel Öl (durchschnittlich 12 t/Tier) wie ein Finnwal lieferten. 1939 einigten sich alle Walfangnationen bis auf Island und Dänemark auf ein Fangverbot für Blauwale, 1960 stimmten auch diese Länder zu, nachdem sie in den vier vorausgegangenen Jahren nur 31 Blauwale (von 2370 großen Walen insgesamt) erbeuten konnten. Man einigte sich darauf, eine Tierart zu schonen, die bereits - in diesem Gebiet - ausgerottet war.

Nordpazifik: Erst 1966 einigten sich hier die beteiligten Länder auf die Schonung des Blauwals, nachdem er so selten geworden war, daß sich die Jagd auf ihn nicht mehr lohnte. In den 5 Jahren zuvor fingen Landstationen 22 707 große Wale, darunter nur 138 Blauwale, die pelagischen Fangstationen töteten 1965 (letzte Saison) 16 051 Wale, darunter nur 121 Blauwale.

Antarktis: 1904 entstand die erste Landstation, später kamen Fabrikschiffe hinzu, die an der Küste ankerten. Bald jedoch wurden die Wale in den Küstenregionen selten, so daß die Walfänger ihnen auf hoher See nachstellen mußten. Von 1910-1925, als das erste hochseetüchtige Fabrikschiff mit einer Laderampe am Heck den Dienst aufnahm, wurden 134 026 große Wale geschlachtet. Weitere 26 800 getötete Tiere gingen verloren, da ein Fänger nach dem Abschuß eines Wals diesen vorerst treiben ließ, um weitere Tiere zu erbeuten und ihn oft später (noch ohne Radar) nicht wiederfand. Obwohl nur der Blubber vom Rücken und Bauch außenbords abgeflenst wurde, lieferten diese Wale 1 083 128 t Öl. Unter ihnen waren 47 200 Blauwale. Erst die pelagischen Fabriken erbrachten jedoch »Rekordernten«: 1926-1930 starben 49 800 Blauwale, den absoluten Rekord hält die Saison 1930/31 mit 29 400 Blauwalen. Auf den Heckfängern wurde der gesamte Blauwal zerlegt und ausgekocht, um das Öl zu gewinnen.

Für Japaner ist ein Blauwal dreimal so viel wert wie für europäische Walfänger, da sie das Muskelfleisch als Nahrung aufbereiten. Dies ist wahrscheinlich ein Grund, warum Japan noch 1963 und 1964 durch sein Veto der Internationalen Walfangkommission den totalen Schutz des Blauwals unmöglich machte. Als Begründung führten die Japaner an, daß in dem umstrittenen Jagdgebiet keine eigentlichen Blauwale lebten, sondern »Zwergblauwale«. Die Existenz einer solchen Unterart ist jedoch seit ihrer Erstbeschreibung durch japanische Walfänger (1960) äußerst angezweifelt worden. Wahrscheinlich handelte es sich nur um junge Blauwale.

Von 1909-1965 wurden insgesamt 328 177 getötete Blauwale registriert, wie viele »inoffiziell« starben, kann wohl niemand abschätzen.

Folgen des Walfangs
Für Landstationen waren 65 ft. (19,8 m), für pelagische Fänger dagegen 70 ft. (21,3 m) die vorgeschriebene Mindestlänge, unter der kein Blauwal getötet werden sollte. Da diese Art jedoch erst mit größerer Länge geschlechtsreif wird, sind bereits seit 1935 über die Hälfte aller weiblichen Blauwale gestorben, ehe sie ein einziges Kalb hochbringen konnten. Man schätzt, daß von den ursprünglich über 200 000 Blauwalen heute noch allenfalls 10 000 Tiere auf der Südhalbkugel leben, auf der Nordhalbkugel sollen nach neuesten Schätzungen noch etwa 3000 Tiere leben. Bedenkt man die geringe Vermehrungsrate dieser Tiere, deren Weibchen nur alle 2-3 Jahre ein Kalb aufziehen, so ist fraglich, ob diese Zahlen ausreichen, damit sich die Bestände noch einmal erholen können.




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