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Koboldkärpflinge

Poeciliidae

Herkunft: Süßgewässer

Die Lebendgebärenden Zahnkarpfen sind eine artenreiche Familie durchweg kleiner Fische, die überwiegend Süßgewässer bewohnen. Einige wenige Formen sind auch an Brackwasser angepaßt. Manche der Arten sind als Moskitovertilger und andere als Aquarienfische sehr bekanntgeworden.

Verbreitung
Ursprünglich nur in Amerika beheimatet, sind verschiedene Formen heute weltweit verbreitet. Diese Vorkommen gehen auf verwilderte Populationen zurück, die allerorten in Malariagebieten zur Bekämpfung der Moskitoplage, Stechmücken der Gattungen Anopheles und Aëdes (Gelbfieber), ausgesetzt wurden. Das natürliche Verbreitungsgebiet reicht von den Südstaaten der USA südwärts über Mittelamerika bis nach Argentinien. Diese rein neuweltliche Verbreitung berechtigt zu der Vermutung, daß sich die Lebendgebärenden Zahnkarpfen erst nach der Trennung Amerikas von den übrigen Kontinenten, also noch vor stammesgeschichtlich kurzer Zeit, aus Eierlegenden Zahnkarpfen entwickelt haben.

Lebensraum
Lebendgebärende Zahnkarpfen besiedeln die unterschiedlichsten Gewässertypen; man findet einige im stehenden Wasser schlammiger Tümpel, während andere das klare Wasser schnellfließender Bäche bewohnen. In größeren Gewässern bevorzugen sie deutlich die verkrauteten Zonen, die viel Versteckmöglichkeit bieten; ins offene Wasser schwimmen sie nur selten. In dem Namen »Millionenfisch« für den wohl bekanntesten Vertreter der Familie, den Guppy (Poecilia reticulata), kommt zum Ausdruck, daß manche Arten mitunter in großen Massen auftreten.

Nahrung
Die meist zu lockeren Schwärmen vereinten Fische suchen ihre Nahrung vorwiegend in den oberen Wasserschichten. Sie erbeuten vor allem Anfluginsekten, daneben Mückenlarven, Fischbrut und Kleingetier. Als Zusatzkost werden Algen gezupft und zarte Teile von Wasserpflanzen abgefressen.

Gestalt und Geschlechtsdimorphismus
Als kennzeichnendes Merkmal finden wir bei den Lebendgebärenden Zahnkarpfen einen auffallenden Geschlechtsdimorphismus: In der Regel sind die Männchen kleiner und sehr viel lebhafter gefärbt als die größeren, farblich meist unscheinbaren Weibchen. Es gibt jedoch auch wenige Arten, bei denen außer dem Gonopodium (siehe unten) so gut wie keine Geschlechtsmerkmale zu bemerken sind. Die Gestalt der meisten Lebendgebärenden Zahnkarpfen ist gestreckt und seitlich nur mäßig zusammengedrückt.

Die Schuppen bedecken teilweise auch den Flossenansatz. Die Körperlänge beträgt meist nur wenige Zentimeter; die größte Art, der Hechtkärpfling (Belonesox belizanus), erreicht 20 cm, die kleinste Art, der Zwergkärpfling (Heterandria formosa, Männchen 2 cm, Weibchen 3 cm) ist eines der kleinsten Wirbeltiere überhaupt.

Begattungsorgan (Gonopodium)
Neben der unterschiedlichen Fortpflanzungsweise unterscheiden sich die Lebendgebärenden Zahnkarpfen von ihren nächsten Verwandten, den Eierlegenden Zahnkarpfen, durch das besondere Begattungsorgan, das Gonopodium.

Während der Jugendentwicklung der Männchen verlängern und verdicken sich der dritte, vierte und fünfte Afterflossenstrahl und bilden gemeinsam ein rinnenförmiges Begattungsorgan, das eine Verlängerung des Samenleiters nach außen bildet. Der erste und der zweite Flossenstrahl verkümmert. Gleichzeitig rückt der gesamte Geschlechtsapparat mit der Afterflosse, ebenso wie die Bauchflosse, nach vorne, so daß die ganze Eingeweideregion kopfwärts verschoben wird. Auch die Muskulatur der Begattungsflosse wandelt sich: Sie bildet, von Skelettelementen unterstützt, einen komplizierten Bewegungsapparat der ein Schwenken des Begattungsorgans nach allen Seiten hin gestattet. Mit dem Eintritt der Geschlechtsreife ist die Umbildung abgeschlossen.

Die Spitze des Gonopodiums trägt häufig verschiedenartig gestaltete Haken oder anders geformte Anhänge. Von Art zu Art unterschiedlich ausgebildet, dienen sie dem Spezialisten neben bestimmten Schädelmerkmalen als Hilfe bei der Artbestimmung.

Fortpflanzung
Bei der Begattung bedrängt das Männchen das Weibchen stürmisch und versucht, sein Gonopodium in die Nähe der weiblichen Geschlechtsöffnung zu bringen. Nach mehreren erfolglosen Begattungsversuchen (Scheinpaarungen) kann das Männchen schließlich für 1-2 Sekunden sein Gonopodium in der Geschlechtsöffnung verankern. In dieser kurzen Zeit überträgt es ein ganzes Spermienpaket, das von einer kittartigen Substanz zusammengehalten wird. Im Eileiter des Weibchens löst sich das Spermienpaket auf, und die Spermien werden frei. Sie bleiben im faltenreichen Geschlechtskanal des Weibchens sehr lange lebensfähig und können so über längere Zeit mehrere »Schübe« der dotterreichen Eier befruchten. Mit dem Spermienvorrat kann z. B. ein Guppy-Weibchen über 10 Würfe zeitigen, ohne daß es neu begattet wird (Vorratsbefruchtung).

Bei der Geburt platzen die dünnen Eihüllen auf, so daß die bereits sehr weit entwickelten Jungen als fertige kleine Fischchen geboren werden. Ein angeborener Instinkt treibt sie sofort von der Mutter weg zur Wasseroberfläche; zum einen stellt die Mutter den erst eben geborenen eigenen Jungen unerbittlich nach, zum anderen müssen die Jungfische ihre Schwimmblase erst einmal mit Luft füllen.

Bei einigen Arten mit dotterarmen Eiern (z. B. beim Zwergkärpfling) werden die Embryonen mit mütterlichen Nährstoffen aus der Ovarwandung (Pseudoplazenta) versorgt.

Befruchtete Weibchen erkennt man bei den Lebendgebärenden Zahnkarpfen wegen der Größe der Embryonen leicht an der Körperfülle. Außerdem tragen die Weibchen häufig einen dunklen Trächtigkeitsfleck oberhalb der Afterflosse. Die Trächtigkeitsdauer beträgt meist zwischen 4 -6 Wochen.

Gynogenese
Noch eine Eigentümlichkeit in dieser interessanten Fischfamilie muß erwähnt werden: Von verschiedenen Arten (Amazonenkärpfling, Poecilia formosa, bestimmte Populationen von Arten der Gattung Poeciliopsis) gibt es gar keine Männchen! Wie können sich diese Fische überhaupt fortpflanzen? Die Weibchen paaren sich mit artfremden Männchen, deren Spermien die Eier zwar nicht befruchten können, aber den Anstoß für die Keimesentwicklung geben. Aus den Eiern entstehen wieder nur Weibchen. Diese besondere Art von Jungfernzeugung (Parthenogenese) wird Gynogenese genannt. Ganz ähnliche Verhältnisse finden wir auch bei unserem einheimischen Giebel (Goldfische).

Arten, Aquarienhaltung
Viele dieser munteren Fische erfreuen sich als problemlose Aquarienfische großer Beliebtheit.

Hechtkärpfling
Die größte Art, der Hechtkärpfling (Belonesox belizanus, Männchen bis 10 cm, Weibchen bis 20 cm), ist ein räuberischer Oberflächenfisch aus dem östlichen Mittelamerika. Dieser Fisch läßt im Aussehen sofort den Raubfisch erkennen: große Augen und eine tiefe Maulspalte mit langen, spitzen Zähnen.

Er bevorzugt schlammige und trübe Gewässer, wo er sich unbemerkt seiner Beute nähern kann. Im Aquarium müssen die Tiere sehr reichlich mit kräftigem Lebendfutter gefüttert werden, die starken Weibchen fressen sonst selbst die arteigenen Männchen auf. Hechtkärpflingsweibchen setzen in einem Wurf bis zu 100 Jungfische!

Gattung Heterandria
Der Zwergkärpfling (Heterandria formosa), der wegen seiner geringen Körpergröße und der Ernährung der Embryonen durch eine Pseudoplazenta zu den bemerkenswertesten Vertretern der Familie zählt, bewohnt im Südosten der USA küstennahe Süßgewässer und Brackwasserzonen. Diese Art, die sehr leicht zu halten ist und sich auch für sehr kleine Becken eignet, stellt ihren Jungen kaum nach. Während der Geburtsperiode, die 1-2 Wochen dauert, gebären die Weibchen jeden Tag nur ein oder zwei Junge.

Im Gegensatz zum Zwergkärpfling ist der Unechte Schwertträger (Heterandria bimaculata, Männchen bis 4,5 cm, Weibchen bis 9 cm) aus Mittelamerika ein arger Räuber. Die Weibchen bringen bis zu 160 Junge zur Welt, die bei der Geburt schon 1,5 cm messen.

Gattung Gambusia
Im krassen Gegensatz zur Bedeutung des Gattungsnamens »Gambusia« (= ein lächerliches Nichts), der auf die geringe Körpergröße und die unscheinbaren Farben Bezug nimmt, steht der Wert des bekanntesten Gattungsvertreters, des Kobold- oder Texaskärpflings (Gambusia affinis, Männchen bis 3,5 cm, Weibchen bis 6 cm) aus den Südstaaten der USA.

Mückenbekämpfung
Wohl kein anderer Fisch hat sich in der biologischen Bekämpfung der Moskitoplage so verdient gemacht wie dieser. Der Koboldkärpfling, der als gefräßiger Nimmersatt ganze Landstriche von den gefürchteten Malariamücken befreit hat, macht in manchen Gegenden überhaupt erst die Besiedlung vorher fieberverseuchter Gebiete möglich. Da diese Fischart trotz ihrer subtropischen Herkunft sehr hart und widerstandfähig gegen Temperaturschwankungen ist (sie verträgt Temperaturwerte von 3 °C bis über 30 °C), ließ sie sich auch in Gebieten einführen, in denen die Gewässer im Winter merklich abkühlen. Mit besonders großem Erfolg hat man sie in Italien, Südfrankreich, Spanien, in den östlichen Mittelmeerstaaten und in der Rußland eingebürgert. Allerdings hat dieser sehr anpassungsfähige Fisch z. T. einheimische Formen durch Konkurrenz völlig verdrängt.

Weitere Arten
Zwei weitere Vertreter der Gattung (insgesamt 12 Arten) sind der Nicaraguakärpfling (Gambusia nicaraguensis), der die atlantische Küstenseite Mexikos bis Panama bewohnt, und der Yucatankärpfling (Gambusia yucatana) aus den mexikanischen Provinzen Campeche und Yucatan.

Gattung Girardinus
Der Metallkärpfling (Girardinus metallicus, Männchen bis 5 cm, Weibchen bis 8 cm) aus Kuba zeigt bei auffallendem Licht einen schönen Metallglanz. Diese schnellwüchsige Art ist wie die meisten Lebendgebärenden Zahnkarpfen ein Allesfresser, braucht aber zum Wohlbefinden unbedingt pflanzliche Zusatzkost.

Gattung Poecilia (mit Mollinesia)
Zu dieser Gattung werden heute auch die Arten der früheren Gattung Mollinesia gestellt. Einige Männchen von Mollinesien gehören mit ihren hohen, segelartigen Rückenflossen zu den stattlichsten Lebendgebärern. Die Rückenflosse wird besonders beim Imponieren und beim Balzspiel aufgestellt.

Eine besonders große und prächtig gefärbte Rückenflosse trägt das Männchen des grünblau schillernden Segelkärpflings (Poecilia velifera, Männchen bis 12 cm, Weibchen bis 15 cm) aus Yucatan, wo die Art im Süß- und Brackwasser zu Hause ist. Ein Zusatz von Seewasser (10-20%) trägt besonders bei Importtieren sichtlich zum Wohlbefinden im Aquarium bei.

Der Spitzmaulkärpfling (Poecilia sphenops, Männchen bis 8 cm, Weibchen bis 12 cm) bewohnt ein recht großes Verbreitungsgebiet, das von Mexiko südwärts bis nach Kolumbien reicht. Diese Art variiert je nach geographischer Herkunft in allen Farben.

Viele Mollinesien neigen zur Bildung von Schecken und Schwärzlingen, was von Zierfischzüchtern zur Herauszüchtung rein schwarzer Formen ausgenützt wurde. Besonders vom Spitzmaulkärpfling gibt es viele Züchtungen, die z. T. mit Zuchtformen des Segelkärpflings und einer weiteren Art, dem Breitflossenkärpfling (Poecilia latipinna, sehr ähnlich dem Segelkärpfling), gekreuzt wurden, so daß es heute vielfach nicht mehr möglich ist, den im Handel befindlichen Zuchtformen eindeutige lateinische Artbezeichnungen zu geben.

Die bekanntesten Formen sind der beliebte »Black Molly«, der »Gescheckte Black Molly«, der »Liberty Black Molly«, der »Schleierschwanzmolly«, der »Schwarze Segelkärpfling« und der »Orangeschwanz«.

Die sonnenliebenden Mollinesien brauchen geräumige Aquarien, unbedingt pflanzliche Beikost und z. T., wie schon erwähnt, Seewasserzusatz. Im Aquarium bastardieren verschiedene Zuchtformen sehr leicht. Die Nachkommen solch unkontrollierter Kreuzungen sind in der Regel aber nicht so schön gezeichnet und gefärbt. Die schwarzen Formen sind sehr empfindlich gegen Abkühlung. Noch weniger als bei den an sich schon sehr wärmebedürftigen Ausgangsarten darf hier die Temperatur unter 24 °C sinken.

Als ein sehr anspruchsvoller Pflegling gilt auch der Schwarzbandkärpfling (Poecilia nigrofasciata) aus Haiti, der bislang unter dem Namen Limia nigrofasciata bekannt war.

Der bekannteste Vertreter der artenreichen Gattung Poecilia, der Guppy (Poecilia reticulata), wird in einem eigenen Artikel behandelt.

Gattung Xiphophorus
Ebenso die Gattung der Schwertträger (Xiphophorus) mit dem eigentlichen Schwertträger (Xiphophorus helleri) und dem Platy (Xiphophorus maculatus).




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